Chancen und Fallstricke der Online-Buchhaltung

Unternehmer können aus immer mehr Angeboten für ein onlinebasiertes Rechnungswesen wählen und deren Vorteile genießen. Doch es gilt auch, mögliche Komplikationen zu beachten. Steuerberater Ralf Müller von Baczko erklärt, worauf man achten sollte.

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  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Unternehmer können aus immer mehr Angeboten für ein onlinebasiertes Rechnungswesen wählen und deren Vorteile genießen. Doch es gilt auch, mögliche Komplikationen zu beachten. Steuerberater Ralf Müller von Baczko erklärt, worauf man achten sollte.

Der Online-Handel boomt und ein Ende ist nicht absehbar. Mit einer guten Geschäftsidee lässt sich je nach Geschick, Engagement und Kapital ein florierendes Nebengewerbe oder sogar eine auskömmliche Vollexistenz gründen. Denn die Natur des Online-Handels verspricht neben der weiter gestreuten Nachfrage nicht unbeträchtliche Margenvorteile dank erheblicher Reduzierung von Raum-, Personal- und Lagerkosten gegenüber dem traditionellen Einzelhandel.

Dipl.-Kfm. Ralf Müller von Baczko, Steuerberater. Als studierter Betriebswirt hat Ralf Müller von Baczko 1987 die Kanzlei MVB & CIE. Müller von Baczko, Steuerberatungsgesellschaft mbH mitbegründet und als Hauptgeschäftsführer geleitet. Ab 1990 expandierte Müller von Baczko mit mehreren Niederlassungen bundesweit. Der vielfach musisch begabte Familienvater ist der geistige Vater des Konzepts und Geschäftsführer von steuerberaten.de.

Diese Angebots- und Nachfragevorteile setzen die stationären Einzelhändler stark unter Druck. Diese sind dazu gezwungen, ihre Geschäftsprozesse ebenfalls auf Effizienz zu trimmen. Ein wichtiger Kostenblock der Offline-Händler ist das Rechnungswesen. Hier eröffnen Online-Buchhaltungssysteme neue Chancen zur Verschlankung, um mit der traditionell technikfreundlicheren Online-Konkurrenz Schritt zu halten.

Doch auch beim Online-Handel besteht die Gefahr eines z.T. gesetzlich verordneten erheblichen Mehraufwands gegenüber herkömmlichen Handelsformen, z.B. bei Rechnungsstellung, Zahlungsabwicklung und Buchhaltung, der die gewonnenen Vorteile schnell schmälert oder gar zunichte macht.

Vergleichen wir z.B. einen traditionellen Händler, der eine Vielzahl unterschiedlicher Artikel in einem Ladenlokal handelt und den Händler, der das gleiche Sortiment im Online-Shop vertreibt. Verkauft der Händler am Tag 500 Artikel über seine Barkasse, löst er genau eine Buchung aus, denn es reicht dem Finanzamt aus, wenn Kasseneinnahmen täglich summarisch verzeichnet werden. Wenn der Konkurrent mit seinem Online-Shop hingegen die gleichen 500 Artikel an 500 verschiedene Kunden verkauft, müssen 500 Rechnungen geschrieben und versendet werden. Diese müssen dann 500 Mal als Forderung verzeichnet und der Zahlungsausgleich via Lastschrift, Kreditkarte, Paypal etc. muss ebenfalls 500 mal gebucht werden. Von der buchhalterischen Behandlung der Retouren, geplatzten Lastschriften usw. ganz zu schweigen, stehen einer Buchung beim lokalen Händler womöglich tausend tägliche Buchungsvorgänge beim Online-Händler gegenüber.

Um die anderweitigen Vorteile des E-Commerce gegenüber dem herkömmlichen Handel durch hohe Verwaltungskosten nicht zu mindern oder ganz zu verlieren, muss die gesamte Verwaltung einschließlich der Buchhaltung weitestgehend automatisch ablaufen. Eine digitalisierte Buchhaltung drängt sich geradezu auf.

Dies gilt jedoch nicht nur für Online-Händler: Alle Unternehmen und Freiberufler sollten mit den lästigen und unproduktiven Verwaltungsaufgaben so effizient wie möglich umgehen können – auch wenn der klassische Mittelständler die Möglichkeiten des Internets bislang nicht immer so selbstverständlich nutzt. Hemmschuh ist hier häufig der angestammte Steuerberater, der eine teilweise Auslagerung seiner Leistung, nämlich der einträglichen Buchhaltung, ins Web wegen verloren gehender Honorareinnahmen nicht unterstützt.

Eine Vielzahl von Daten liegt sowohl den E-Commerce-Händlern als auch zunehmend den klassischen mittelständischen Unternehmern ohnehin bereits in elektronischer Form vor: Zum Beispiel wenn der Onlinebezahldienst Paypal als Zahlungsvariante angeboten wird, oder wenn im Laden mit EC- oder Kreditkarte bezahlt wird. Sowohl die Kartenabrechungsgesellschaften als auch Paypal stellen jedem Nutzerkonto sämtliche Transaktionsposten digital exportierbar zur Verfügung. Die Daten lassen sich in einer Standard-CSV-Datei exportieren und können dann in beinahe jede Buchhaltungssoftware eingespielt werden. Gleiches gilt für die Überweisungsdaten der allermeisten Banken.

Ein automatisiertes Warenwirtschaftssystem geht häufig Hand-in-Hand mit den buchhalterisch relevanten Vorgängen. Gemeinsam digitalisiert ermöglichen sie eine flexible Auswertung sowie die differenzierte Verbuchung von umsatzsteuerlichen Sachverhalten. Die Umsätze lassen sich damit z.B. bequem aufteilen nach Inlandsumsätzen, innergemeinschaftlichen (EU-) Umsätzen und Drittlandsumsätzen (Nicht-EU-Staaten). Mit der üblicherweise vorhandenen Rechnungsdatenschnittstelle im XML-Format können strukturierte Rechnungsdaten aus einem Warenwirtschaftsprogramm in Anwendungen für das Rechnungswesen übermittelt werden.

Eine weitere interessante Option bietet die Integration von Zahlungsverkehrsprogrammen in Warenwirtschaftssysteme. Zahlungsaufträge können so direkt bei der Erfassung der Wareneingangsbelege angelegt werden und auch bei Bedarf direkt bezahlt oder terminiert und nach Fälligkeiten sortiert werden, um die Liquidität zu optimieren. Die Übermittlung und Absicherung erfolgt über das bekannte HBCI PIN/TAN-Verfahren.

Auch für die Lohnbuchhaltung lassen sich mittlerweile Zahlungsverkehrsprogamme sehr komfortabel nutzen, wenn sie in die Lohnbuchhaltungssoftware eingebettet sind. Überweisungen können so direkt aus dem Programm erfolgen, die Legitimation geschieht wiederum über HBCI PIN/TAN.

Diese Vorgehensweise kann auch im Zusammenspiel mit einem externen Buchhalter/Steuerberater interessant sein: Das hier oft genutzte Summenverfahren (Legitimation der Überweisung per Freigabefax an die Bank) verursacht Mehrkosten, die durch Rückübertragung der Lohnzahlungsdaten an das Zahlungsverkehrsprogramm des Mandanten eingespart werden können.

Ebenso verhält es sich mit den Bankumsätzen. Standardmaßstab ist der von der SWIFT eingeführte Interbankenstandart MT940. Damit wird die einheitliche weltweite Übertragung von Kontoauszugsdaten gewährleistet. Daneben existieren auch Exportmöglichkeiten in den Dateiformaten STA und CSV. Der Export kann aus der Bankingsoftware wie z.B. Starmoney direkt erfolgen. Gute Buchhaltungsprogramme enthalten eine derartige Importschnittstelle.

Die importierten Umsätze können so innerhalb der Finanzbuchhaltung mit anderen Umsätzen abgeglichen werden und der Steuerberater erhält einen "Nur Lesezugriff” auf das Bankkonto. So lassen sich jederzeit die Umsätze in die Buchhaltung einspielen.

Liegen die Belege in Papierform vor, müssen diese allerdings erst digitalisiert werden – gerade bei technikfremden Kleinunternehmen eine wichtige Hürde vor dem Einstieg in die digitale Buchhaltung, denn etwas Hardware-Unterstützung schafft hier erst den Komfort: Die Digitalisierung geschieht am besten mit einem Scanner, der über einen automatischen Papiereinzug verfügt. Oft sind diese Geräte mit einem Kopierer kombiniert und mittlerweile für kaum mehr als 100 Euro zu erwerben.

Scanprogramme verfügen heutzutage über eine optische Zeichenerkennung, eine sog. OCR (Optical Character Recognition). Mittels OCR können die auf den gescannten Belegen enthaltenen Angaben erfasst und in die Buchhaltungssoftware eingelesen werden. Der Beleg, bspw. die Rechnung, erscheint nicht nur am Bildschirm, die Software erfasst auch die Detailangaben wie Datum, Betrag und Umsatzsteuer. Etwas umständlicher: die Möglichkeit des Digitalisierens der Belege per Fax. Die Faxgeräte, die noch immer in fast jedem Büro vorhanden sind, eignen sich hervorragend zum Digitalisieren kleinerer Belegmengen. Ganz gleich, welcher Weg der Daten-Digitalisierung gewählt wird, prüft anschließend die Buchhaltung die Daten auf Plausibilität und kann mit einem Klick sämtliche Details in die Buchhaltungssoftware übernehmen.

Besonders bei Steuerberatern etabliert ist die Software “Datev Unternehmen Online”, die sämtliche Anwendungen des Programmbündels über das Internet nutzbar macht. Abgesichert wird dies durch eine spezielle Verschlüsselungssoftware, die mit einem Verschlüsselungsstick (Smart Card) kombiniert ist. Die Datev-Lösung hat allerdings auch ihren Preis. Derzeit bringen eine Vielzahl anderer Anbieter preisgünstigere SaaS (Software-as-a-Service) -Lösungen auf den Markt, die eine komplett digitalisierte Bearbeitung von Verwaltungsaufgaben versprechen.

Mit einer guten Lösung haben Unternehmer von jedem Ort der Welt aus und jederzeit all ihre Belege im Blick. Suchfunktionen erleichtern das schnelle Auffinden von Belegen und die Konten der Finanzbuchhaltung sind mit wenigen Klicks abrufbar. Controllingreporte, betriebswirtschaftliche Auswertungen und andere Informationsquellen visualisieren die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens.

Angebote wie "Kassenbuch Online" oder "Lodas" vermindern das Datenerfassungsvolumen im Steuerbüro erheblich und reduzieren so die Buchhaltungskosten. Die freiwerdenden Mittel können sinnvoller im Unternehmen oder in eine ‘echte’ Steuerberatung investiert werden.

Auch das Finanzamt beschäftigt sich mit dem Thema digitale Buchhaltung: Schließlich dreht sich bei der Buchhaltung alles um die ordnungsgemäße Erfassung der Belege mitsamt der Abgabepflicht. Die Buchungssätze müssen auch bei einer digitalen Buchhaltung nachprüfbar sein, vom Beleg zum Buchungssatz und umgekehrt.

Aus diesem Grund hat der Fiskus die GDPdU erlassen. Die Abkürzung steht für "Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen" und darin sind der Umfang des Datenzugriffs sowie die Mitwirkungspflichten des Unternehmers konkretisiert. Wichtige Forderungen daraus sind, dass die Übertragungs-, Archivierungs- und Konvertierungssysteme den Grundsätzen herkömmlicher Buchführung entsprechen müssen. Auf die Digitalisierung bezogen dürfen Buchungssätze nicht im Nachhinein beliebig änderbar sein und die Buchungssätze müssen durch Verweise mit dem Beleg in digitaler Form oder Papierform verbunden sein, um die Prüfbarkeit zu gewährleisten. Digitale Rechnungen müssen zudem eine qualifizierte elektronische Signatur tragen. Dadurch ist die Rechnung zum einen nicht mehr änderbar und zum anderen ist der Ersteller identifizierbar.

Online-Buchhaltung kann sowohl für den Händler im Internet als auch für den traditionellen Einzelhändler und Mittelständler einen signifikanten Effizienzgewinn bieten. Großes technisches Expertenwissen ist dabei nicht mehr erforderlich – ein Grundvertrauen in die technischen Möglichkeiten und deren Sicherheit reicht völlig aus. Wer die Grundsatzfrage "Ist mir die Verschlankung des Finanzwesens meiner Unternehmung wichtiger als die örtliche Nähe zu einem Buchhalter?" für sich positiv beantwortet, findet bei Online-Buchhaltung sein Glück. (Marzena Sicking) / (map)

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Vorteile der Online-Buchhaltung im Überblick

Exemplarisch seien hier einige Vorteile der Onlinebuchhaltung in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater genannt, wie Sie Software wie zum Beispiel von Datev bieten:

  1. Die Originalunterlagen bleiben im Unternehmen: Mittels online Suchfunktion haben Sie jederzeit und überall Kopien zur Verfügung. Die Arbeit für den Belegaustausch (Belegordner) entfällt.
  2. Die Belege sind sicher und unveränderlich im digitalen Belegarchiv aufbewahrt. Der Zugriff kann nur mittels Passwort und Smart Card erfolgen.
  3. Durch die digitale Archivierung liegen unveränderliche Kopien bei Verlust oder Unkenntlichkeit der Originale vor.
  4. Die Buchhaltung kann schneller und zeitnäher erstellt werden. Belege können jederzeit übermittelt werden. Auch der Buchungsturnus kann leicht verändert werden (bspw. monatlich zu wöchentlich).
  5. Gleichmäßigere Arbeitsmengen vermeiden Belastungsspitzen in der Finanzbuchhaltung.
  6. Rückfragen zu Belegen können aufgrund deren Onlineverfügbarkeit leichter geklärt werden.
  7. Zahlungsverkehr und Mahnwesen lassen sich effizienter handhaben. Dadurch reduzieren sich Zinsaufwand (Terminüberweisungen bei Fälligkeit) und Mahnkosten (schnellere Einleitung des Mahnverfahrens).
  8. Unternehmensdaten stehen aktueller zur Verfügung. Hier seien FIBU- und Controlling-Reports für die Unternehmenssteuerung, Betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur Rentabilität, Kosten-, und Erlösstrukturen, tagesaktuelle Offene-Posten-Listen sowie Soll-IST-Vergleiche anhand von Planungsdaten genannt.

(masi)